Ray Collins’ Hot Club
Vorwärts in die Vergangenheit
R&B, Rock’n’Roll, Blues: Wenn Ray Collins’ Hot Club auf der Bühne steht, darf man sich auf eine musikalische Zeitreise in die erste Hälfte des vergangenen Jahrhunderts einstellen. Auf ihrem neuen Album „When Night Comes To Berlin“ widmen sich die Musiker vor allem dem Swing der 20er- und 30er-Jahre. bluesnews hat die Gruppe unter die Lupe genommen. Ein Gespräch mit Andreas Kollenbroich alias [RL1]Ray Collins.
Wer Ray Collins’ Hot Club einmal live erleben durfte, weiß um die Detailverliebtheit der Band. Gekleidet in Anzug und Fliege zünden die Musiker auf der Bühne ein bewegungsintensives Feuerwerk, das den sicheren Halt der Haarpomade an seine Grenzen treibt. Mit jeder Faser strahlt die Truppe aus, dass sie sich nirgends wohler fühlt als im Scheinwerferlicht.
Den Grundstein für die Musikbegeisterung verortet Bandleader Andreas Kollenbroich, wie Ray Collins im bürgerlichen Leben heißt, in seiner Kindheit. „1980 haben mir meine Eltern eine Gitarre geschenkt und ich habe angefangen, darauf zu spielen. Außerdem hatte mein Vater ein Klavier, auf dem ich herumgeklimpert habe. Ich habe schon als Kind in Bands gespielt. Das klang katastrophal, war aber lustig. In der ersten Gruppe hat der Schlagzeuger auf der Snare den Text mitgeschlagen – auf dem Niveau war das ungefähr. Später habe ich dann einfach weiter Musik gemacht.“
Dabei entstand Jahrzehnte später Ray Collins’ Hot Club. Auf sein Alter Ego kam Kollenbroich folgendermaßen: „Ich wollte einen Namen benutzen, der auf einem Plakat besser aussieht als mein bürgerlicher Name. Das ist mir in einer Schnapsaktion eingefallen. Ray kommt von Ray Charles und Collins ist die amerikanisierte Version meines Spitznamens Kollinski.“ Die musikalischen Grundideen für die Band liefert er meist selbst. „Ich bin schon die treibende kreative Kraft. Bei vielen Sachen lege ich großen Wert darauf, mich durchzusetzen. In wichtigen Fragen sind wir aber demokratisch, bei Personalproblemen zum Beispiel. Musikalisch wächst alles auf meinem Mist. Wenn irgendwer von uns keinen Bock auf eine Idee hat, können wir die halt nicht benutzen. Dann komme ich später mit etwas anderem an.“
Songwriting im Stil der 1920er- bis 1960er-Jahre
Beim Songwriting orientiert er sich vor allem an den 1920er- bis 1960er-Jahren. „Man hat natürlich einen geschärften Blick auf die positiven Aspekte dieser Zeit, auf das Kulturelle. Rückblickend war daran vieles gut. Wie alles aussah: die Straßenzüge, die Schilder. Wenn du heute in Köln über die Venloer Straße gehst, fragst du dich, wer das zusammenkopiert hat. Damals war viel Visuelles und Klangliches sehr gut, es gab viele fähige Leute. Guck dir zum Beispiel die Cover der Schundromane von früher an. Da fragt man sich, wieso es Menschen gab, die so was malen konnten, aber sicher keine überbezahlten Genies waren. Da schaue ich mit Sehnsucht drauf und versuche selbst, in diese Richtung zu gehen.“
- Timon Menge
- Auszug aus dem Interview in bluesnews 101
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