Otis Rush (1934–2018)
Wechselvolle Karriere mit „ups and downs“
Er zählte zu den wichtigsten Künstlern des Chicago-Blues, doch gesundheitliche Probleme und das Taktieren von Labels verhinderten, dass er so bekannt wurde wie mancher seiner Kollegen. Otis Rush verstarb am 29. September 2018 im Alter von 84 Jahren.
Otis Rush wurde am 29. April 1934 in Philadelphia, Mississippi, geboren und war Autodidakt. Als Linkshänder hielt er die Gitarre andersherum, wodurch die hohen Seiten oben lagen (wie u. a. auch bei Albert King), was seinen Bendings einen besonderen Charakter verlieh. In die Metropole am Lake Michigan zog es ihn 1949. Seinerzeit gaben etablierte Künstler wie Muddy Waters oder Howlin’ Wolf den Ton in der dortigen Bluesszene an, Musiker der zweiten Generation des elektrischen Chicago-Nachkriegsblues wie Rush, Magic Sam oder Buddy Guy rückten schließlich verstärkt das Gitarrenspiel in den Vordergrund.
Schlechte Erfahrungen mit Plattenfirmen
Viele der jungen Wilden – Otis Rush zählte dazu – kamen von Chicagos Westside und machten ihre ersten Aufnahmen für Cobra Records. Die Altvorderen von der Southside waren beim renommierten Chess-Label unter Vertrag. Der Erfolg von Rush, der Mitte der 50er-Jahre zwei größere Hits landete („All Your Love [I Miss Loving]” und „I Can’t Quit You Baby“), war den Chess-Brüdern offensichtlich ein Dorn im Auge. Sie nahmen den Gitarristen und Sänger zwar unter Vertrag, stellten ihn aber quasi „kalt“. Aufnahmen für Chess gab es nämlich nur sehr wenige. Es war nicht die einzige schlechte Erfahrung, die Otis Rush mit Plattenfirmen machte. So spielte er 1971 für Capitol das hervorragende Album „Right Place, Wrong Time“ ein, welches aber zunächst nicht veröffentlicht wurde. Bullfrog brachte die Scheibe schließlich fünf Jahre später heraus.
Grammy für „Any Place I’m Goin’“
International bekannter wurde Rush 1966, als er mit dem American Folk Blues Festival nach Europa kam. Im Jahr zuvor war er an den Aufnahmesessions der drei „Chicago/The Blues/Today!“-LPs beteiligt, die Sam Charters für Vanguard produzierte. Die Karriere des Musikers war von einem stetigen Wechsel zwischen Tourneen/Plattenaufnahmen und teils längeren krankheitsbedingten Unterbrechungen geprägt. So brachte er 16 Jahre lang kein Studioalbum heraus, ehe 1994 mit der CD „Ain’t Enough Comin’ In“ (Mercury) eine überaus erfolgreiche Phase eingeleitet wurde. Für das Album „Any Place I’m Goin’“ wurde Otis Rush 1999 in der Kategorie „Best Traditional Blues Album“ mit einem Grammy ausgezeichnet.
Die Diskografie von Otis Rush umfasst rund 20 Alben, neben seinen frühen Cobra-Aufnahmen sind vor allem die auf Delmark erschienenen Live-Mitschnitte sowie das bereits erwähnte Album „Right Place, Wrong Time“ (wurde auf Hightone als CD wiederveröffentlicht) zu empfehlen.
- Dirk Föhrs